Auf der Suche nach dem Paradies – Klarinettentrio erschafft Klangwelten im Stadtmuseum

Das Paradies ist in Dir. Improvisationen mit drei Bassklarinetten und Gong. Die Premiere fand statt am 10.10.21 im Stadtmuseum in Siegburg

Kritik aus dem Kölner Stadtanzeiger vom 13.10.21

Siegburg – Das Gestell mit dem mächtigen Gong auf der Bühne des Stadtmuseums wankte bedenklich, als ihm Claudius Reimann mit dem gepolsterten Schlägel zusetzte. Dabei war Reimann mit Reinald Noisten und Katharina Bohlen vor allem mit einer ganzen Batterie an unterschiedlichen Klarinetten in die Kreisstadt gekommen, um unter dem Motto „Das Paradies ist in Dir“ nach neuen Klangspektren zu forschen.

Doch auch das Intermezzo mit den metallenen Gongs und Glockenspielen faszinierte die Zuhörer im gut gefüllten Foyer. Zu unterschiedlich und überraschend waren die Effekte, egal, ob das gut 3.000 Jahre alte Instrument beherzt in der Mitte angegangen wurde oder fast schon zärtlich am Rand gestreichelt wurde. Katharina Bohlen nutzte gar einen handelsüblichen Küchenrührbesen zur unverwechselbaren Klangerzeugung an der mächtigen, runden Metallscheibe. Und tatsächlich gelang auch hier, was für das versierte Trio mit seinen Klarinetten selbstverständlich ist: Die Klangbilder im Ohr der Zuhörer verwandelten sich zu Bildern im Kopf.

Vor fünf Jahren haben sich der Wuppertaler Klarinettist Reinald Noisten, der eigentlich mit seiner Klezmerband „Ensemble Noisten“ bundesweit unterwegs ist, und das Klarinettisten-Duo „Katharina Bohlen / Claudius Reimann“ zusammengefunden. Das Motto des Abends „Das Paradies ist in Dir“ hatte das Trio im Kloster Melk entdeckt: „Seitdem wollen wir die Idee des Paradieses musikalisch erzählen“, sagte Reinald Noisten, nachdem er mit einem ausgedehnten Solo vor die Bühne flaniert war. Das Paradies sei nun mal für jeden Menschen unterschiedlich, erkannte er und das fand sich in dem musikalischen Konzept des Abends wieder. So tauschten sich Bohlen und Noisten aus, wobei Claudius Reimann die Basslinie beisteuerte. Immer wieder gab es auch ausgedehnte, langsame Passagen voller Schwermut und Nachdenklichkeit, sie kontrastierten mit Momenten überdrehter Fröhlichkeit: „Natürlich kann man im Paradies auch tanzen“, gab Noisten den Zuhörern mit.

Das konnte nur gelingen, weil sich hier drei Solisten auf Augenhöhe begegneten. Immer wieder gelangen die raffinierten Wendungen, das gekonnte Spiel mit den Tempi und Stimmungen, vor allem aber mit den Erwartungen der Zuhörer. Und mitunter schien es gar nicht so einfach, den überbordenden Spielfluss wieder einzufangen. Das zeigte besonders beeindruckend eine Passage, die den Wind simulierte. Dafür wurde nicht nur Öffnungen der Instrumente jenseits der üblichen Mundstücke eingesetzt, Katharina Bohlen nutzte ihre Klarinette gar als Perkussions-Instrument.

Veranstaltet wurde das Konzert von der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“, um jüdische Kultur in der Gegenwart präsent zu halten. Angesichts des weiterhin allgegenwärtigen Antisemitismus sei das dringend erforderlich, sagte Elisabeth Winkelmeier-Becker, Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte, und erinnerte an den kürzlich aufgedeckten Anschlagsplan auf die Synagoge in Hagen und dem Umgang mit dem Musiker Gil Ofarim in einem Leipziger Hotel.

© Markus Peters