Klangbaden – ein Improvisationskonzert im Liegen

Klarinettist Reinald Noisten bot ein ungewöhnliches musikalisches Erlebnis in der Alten Kirche Wupperfeld
Von Daniel Diekhans, Oberbarmen

Ungewöhnlich war schon der Name des Konzerts: Zum „Klangbaden“ lud Klarinettist Reinald Noisten am Sonntag in die Alte Kirche Wupperfeld ein. Wie man es von der heimischen Badewanne kennt, sollte das Publikum liegend seiner Musik lauschen. Dafür hatte Noisten um das Mitbringen von Isomatten und Decken gebeten. Entsprechend ausgerüstet kam eine Gruppe Neugieriger in die ehemalige lutherische Kirche, die 2017 entwidmet und verkauft wurde und nun als Veranstaltungsort genutzt wird. Auf dem Parkettboden wurden die weichen Unterlagen ausgerollt. Noisten regte an,die Liegeplätze in einem Halbkreis anzuordnen. Während die einen ihre Schuhe auszogen und sich vorsichtig hinsetzten, streckten die anderen direkt ihre Beine aus oder mummelten sich in ihre Decke.

Ein Mix aus Improvisation und Meditation
Ein Konzert im Liegen breche bewusst mit Hörgewohnheiten, sagte der Musiker. Ihn beschäftige seit Langem die Frage, ob eine entspannte Körperhaltung die Wahrnehmung verändere: „Wie hört man dann? Hört man anders?“ Die Zuhörer stellte Noisten auf eine Mischung aus Improvisation und Meditationen: „Ich schaue, was bei mir entsteht.“ Anders als im Konzertsaal sei das Hören mit geschlossenen Augen ausdrücklich erlaubt. Das Bekenntnis zur Solo-Improvisation ist für diejenigen neu, die den Wuppertaler Klarinettisten als Chef des Ensemble Noisten kennen – eine interkulturelle Band, die jüdischen Klezmer mit Einflüssen aus Flamenco und türkischer Musik, Klassik und Jazz verbindet. Konzertlesungen mit der Schauspielerin Nina Hoger und Crossover-Projekte wie „Klezmer trifft Derwisch“ sorgten immer wieder für Aufmerksamkeit. Bei seinem Auftritt im schlicht weißen Kirchenraum konzentrierte sich der Solist auf das Wesentliche. Wie in Zeitlupe entwickelte er Melodiebögen, die sich mal in harmonischen Gefilden, mal in suchenden Dissonanzen bewegten. Um Klangvielfalt bemüht, griff er abwechselnd zu B-Klarinette, Bassetthorn oder Bassklarinette. Zudem führten seine Standortwechsel zu unterschiedlichen Höreindrücken. Den Besuchern kam Noisten näher oder entfernte sich, spielte vor ihnen und in ihrem Rücken. Wer mit offenen Ohren auf der Matte lag, konnte die Klarinettentöne als Teil einer Klanglandschaft erleben. Nicht nur die Raumakustik spielte hinein, sondern auch die Umgebung. Vor den Kirchenfenstern rauschten die Bäume im Wind, Vögel zwitscherten und tirilierten in der Nachmittagssonne.

Entspannte Stunde mit geschärfter Wahrnehmung
Als sie sich wieder von ihren Plätzen erheben durften, waren alle Anwesenden tief beeindruckt. Liegend habe er der Musik viel besser folgen können als im Sitzen, meinte ein Zuhörer. Die Musik habe sie getragen und förmlich eingehüllt, erzählte eine Zuhörerin. Weitere Stimmen sprachen von einer durch die Musik geschärften Wahrnehmung und einer rundum entspannten Stunde („Genau das hatte mir gefehlt!“). Sein nächstes Konzert im Liegen spielt Klarinettist Reinald Noisten am Mittwoch, 11. Juni, 19Uhr, in der Alten Kirche Wupperfeld, Bredde 69.

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Foto: Taro Kataoka