Improvisierte Musik – wer bucht so etwas?

Improvisation bedeutet, etwas aus dem Stehgreif dar – und herzustellen.

In der Musik kann die Improvisation als eine Art „Ad hoc Komposition“ bezeichnet werden, wobei diese „Ad hoc Komposition“ nur einmal produziert und erlebt werden kann. Der Musiker verarbeitet während seines Auftritts quasi seine Jetzt – Erfahrung, wie z. B. die Akustik des Raumes, seine eigene Stimmung, seine musikalischen Kenntnisse, die Musik seiner Mitmusiker und die Stimmung im Zuschauerraum. Ein formales Prinzip wird nebensächlich oder entwickelt sich von alleine. All das macht improvisierte Musik so interessant und lebendig. Wobei ich finde, dass eine fundierte klassische Ausbildung am Instrument von Vorteil ist, man sollte sich nur von ihr befreien.

Der Veranstalter, der so eine Konzertform, wie z. B. das Projekt „Long Clarinets, short stories“ oder unser „Chor + Klarinetten“ Konzert bucht, kann sicher sein, ein außergewöhnliches Hör- und Klangerlebnis zu erhalten. Zu beachten gilt, dass für so eine Konzertform die Wahl des Veranstaltungsortes von Bedeutung ist. Damit meine ich nicht nur die bereits angesprochene Akustik des Raumes, sondern vor allem eine inspirierende Atmosphäre des Veranstaltungsortes.  Das können sowohl eine Kirche als auch ein Fabrikgelände sein, der Veranstaltungsraum kann sachlich, verspielt oder sakral wirken. Doch auf jeden Fall sollte er inspirieren. In Sachen Akustik sollte der Raum den Klang in seiner Klarheit tragen können – mehr Hall ist besser als zu wenig.

Improvisation in Literatur, Theater oder Film

Bei literarischen Programmen oder Theaterstücken kann die improvisierte Musik gerade auf der Klarinette mit ihren vielseitigen klanglichen und dynamischen Möglichkeiten entsprechenden Inhalte begleiten, ergänzen oder sie kann Teil des Gesamtprogrammes sein. So können Stimmungen und Bilder eines Gedichtes oder Prosatextes weiterleben und der Zuhörer kann seinen aufkommenden Gedanken und Gefühlen nachgehen. Möglich ist auch, dass entstandene Gedankenbilder und Emotionen zu Ruhe kommen und Raum für Neues entsteht.  Auf diese Weise lässt sich live oder auch bei Hörbuchproduktionen die Intensität der Programme steigern. Während eines Theaterstückes können über die Improvisation szenische Dialoge musikalisch vertieft werden oder einzelne Szenen verknüpft werden. Bei Film und Video sind es die Farben und Emotionen der Bilder, die durch die musikalische Begleitung der Improvisation wunderbar verstärkt werden können.

Improvisation und Interkultur

Eine “Interkultur” entsteht durch den Prozess, wenn mindestens zwei Kulturen aufeinander wirken, die die in Interaktion oder Kommunikation miteinander stehen. In meinem Fall ist es die improvisatorische Auseinandersetzung mit der jüdischen, der Islamischen und der christlichen Religionskultur. Als Beispiel kann hier unserem Projekt „Klarinette trifft Daf trifft Derwisch“ angeführt werden. Hier schafft eine Annäherung an Klezmer- und Sufimusik aus dem Islam und mittelalterlichen Kirchenmusik, der Gregorianik, Verbindungen und Räume für Begegnung. Gleichzeitig wird so auf Ähnlichkeiten und auch Unterschiede der Musikkulturen hingewiesen.

All das kann Improvisation leisten. Sie ist frei und kann unterschiedlichen kulturellen Programmen dienen und Gestaltungsprozessen jeglicher Art durch ihre spielerischen und kommunikativen Möglichkeiten begleiten und unterstützen.